3. Tag der Landesgeschichte 2012 in Magdeburg
Der Tag der Landesgeschichte 2012 stand unter dem Rahmenthema „Transformationen der Region. Sachsen-Anhalt im 19. und 20. Jahrhundert“. Er wurde veranstaltet von der Historischen Kommission in Verbindung mit der Professur für Zeitgeschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, dem Lehrstuhl für Neuere Geschichte an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt, ohne deren maßgebliche Unterstützung der 3. Tag der Landesgeschichte nicht hätte ausgerichtet werden können.
Die wissenschaftliche Tagung knüpfte an die interdisziplinäre Transformationsforschung an, die in den letzten Jahren die Wandlungsprozesse in vormals staatssozialistischen Gesellschaften analysiert hat. Die durch diese Forschung entwickelten Fragestellungen, Konzepte und Modelle sollten daraufhin überprüft werden, inwiefern sie auch für regional- und landesgeschichtliche Untersuchungen zum 19. und 20. Jahrhundert fruchtbar gemacht werden können. Daher begann die Tagung mit einem Impulsreferat des in der Transformationsforschung profilierten Politologen Everhard Holtmann. Es folgten drei Sektionen, die für jene Regionen, die heute das Land Sachsen-Anhalt bilden, jeweils im engeren Sinne politische, ökonomische sowie kulturelle Wandlungsprozesse in den Blick nahmen.
Den ersten Transformationsimpuls im hier zu betrachtenden Zeitraum erfuhr das Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt im napoleonischen Jahrzehnt zwischen 1807 und 1816 – durch die Integration großer Teile der Region in das Königreich Westfalen, dann durch die Gründung der preußischen Provinz Sachsen samt der (von vielen Betroffenen noch lange abgelehnten) Annektion des nördlichen Teils des Königreichs Sachsen. Der emanzipatorische Schub von Code Civil und preußischen Reformen sowie die Revolution von 1848 beförderten die Industrialisierung der Region und ließen sie zu einer ökonomischen, politischen und kulturellen Schnittstelle zwischen dem Westen Deutschlands und dem Osten der preußischen Monarchie werden.
Als zweite Umbruchperiode wurde die in der Hochindustrialisierung um 1890 beginnende, dann aber vor allem mit dem Ersten Weltkrieg und seinem revolutionären Ende verbundene Transformation der Region zu einem „Laboratorium der Moderne“ thematisiert. Zugleich ging es um die gewaltsame Dramatik, mit der die totalitären Antworten auf die Moderne gerade in dieser Region während der zwanziger und frühen dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts aufeinander trafen.
Als drittes Transformationsphänomen wurde die politisch induzierte Verwandlung der bürgerlichen Gesellschaft in die mehr oder minder – darüber streiten ja Historiker, Politologen und Soziologen noch – entdifferenzierte, zumindest stark entbürgerlichte Gesellschaft der DDR untersucht. Im Fokus standen hier vor allem jene Jahre zwischen 1945 und 1952, als das Land Sachsen-Anhalt kurzfristig ein erstes Mal bestand. Aber auch die „Fernwirkungen“ des Nationalsozialismus, der bereits viele Traditionsbestände der deutschen Gesellschaft in einer sozialen Revolution der Gewalt beseitigt hatte, wurden berücksichtigt.
Die gesellschaftliche Transformation in Sachsen-Anhalt ab 1989 schließlich war auf der Tagung nicht gesondert durch Beiträge repräsentiert. Die auf sie bezogene regionale Transformationsforschung bidlete jedoch in den Diskussionen zu den Sektionen sowie in der Abschlussdiskussion jeweils die Hintergrundfolie, vor der sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit dem Problem der regional- und landesgeschichtlichen Untersuchung von Umbruchzeiten auseinandersetzten.