13. Tag der sachsen-anhaltischen Landesgeschichte:
Der Name Sachsen. Annäherung an ein gemeinsames Erbe
Nachdem die Wettiner im Jahre 1423 die sächsische Kurwürde erlangten, übertrug sich der alte Stammesname auf Herrschaftsräume, die er niemals zuvor umfasst hatte. Weil dieser Transfer überaus erfolgreich verlief, vermutet mancher heute rund um Leipzig und Dresden die Wiege alles Sächsischen.
Die 600. Wiederkehr des Epochenjahres 1423 war für die drei Historischen Kommissionen, die Sachsen im Namen führen, Anlass für eine gemeinsame Tagung. Sie fand ihren Ort in Magdeburg, wo der ostsächsische Kaiser Otto der Große neben seiner westsächsischen Gemahlin Editha in einer wettinisch überformten Grablege ruht.
Was heißt hier Sachsen? Vom Nordseestrand bis zu den Kämmen des Erzgebirges knüpft der alte Name ein Band zwischen den heutigen Bundesländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Sächsische Herrscher aus dem Geschlecht der Ottonen begründeten die politische Einheit der deutschen Nation. Aber in der Entwicklung vom gentilen Stammesherzogtum zum modernen Territorialstaat blieb Sachsen eine Chiffre, für die nur eines konstant erscheint: der ständige Wandel.
Im Spannungsfeld von politischer Herrschaftsgeschichte, historischer Raumforschung und kultureller Identitätsbildung untersuchte die Tagung die Karriere eines Raumbegriffs vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit, beginnend mit der nur scheinbar banalen Frage: Wer bezeichnet was wann als Sachsen?
Der Blick führte jedoch auch in eine Gegenwart, in der Identitätspolitik zur neuen gesellschaftlichen Herausforderung geworden ist. Kann das Paradigma Sachsen dabei helfen, Aneignung, Abgrenzung und Zugänglichkeit von Identifikationsmustern besser zu verstehen? Was bedeutet das sächsische Erbe heute für die Menschen des 21. Jahrhunderts? Und welche gemeinsamen Aufgaben ergeben sich daraus für die historische Forschung in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Sachsen?
veranstaltet wurde die Tagung von der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt,
der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen
und der Historischen Kommission der Sächsischen Akademie der Wissenschaften,
in Verbindung mit dem Stadtarchiv Magdeburg, dem Kulturhistorischen Museum Magdeburg
und dem Kuratorium Friedensforum Johanniskirche 1631–2031,
mit freundlicher Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt und der Sparkasse MagdeBurg
Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Enno Bünz, Dr. Henning Steinführer und Prof. Dr. Christoph Volkmar
Eindrücke von der Tagung (© Historische Kommission für Sachsen-Anhalt, Fotos: Oliver Ritter)
Programm
Donnerstag, 29. Juni 2023, Kulturhistorisches Museum
14.00 Uhr
Eröffnung, Grußworte der Veranstalter
Sektion 1: Herrschaft prägt Landschaft
14.30 Uhr
Matthias Becher (Bonn):
Die Sachsen im Frühmittelalter. Eine komplizierte Ethnogenese
15.15 Uhr
Wolfgang Huschner (Leipzig):
Das ottonische Sachsen
16.00 Uhr Kaffeepause
16.45 Uhr
Thomas Vogtherr (Osnabrück):
Das welfische Sachsen
17.30 Uhr
Oliver Auge (Kiel):
Das askanische Sachsen
18.15 Uhr
Enno Bünz (Leipzig):
Das wettinische Sachsen
Freitag, 30. Juni 2023, Johanniskirche
Sektion 2: Zuschreibungen und Identitäten
9.00 Uhr
Bernd Kannowski (Bayreuth):
Der Sachsenspiegel und das sächsisch-magdeburgische Recht
9.45 Uhr
Matthias Puhle (Magdeburg):
Der sächsische Städtebund und das sächsische Quartier der Hanse im Mittelalter
10.30 Uhr Kaffeepause
11.00 Uhr
Christoph Weber (Braunschweig):
Sachsenross, Kurschwerter, Rautenkranz – Sächsische Herrschaftssymbolik
11.45 Uhr
Joachim Schneider (Dresden):
Sächsischer Adel? Ständische Selbstzuschreibungen vs. territorialstaatliche Deutungsmuster
12.30 Uhr Mittagspause
14.00 Uhr
Arnd Reitemeier (Göttingen):
Sachsen und Freiheit im Diskurs der Humanisten
14.45 Uhr
Michael Hecht (Halle):
Sächsische Chronik – Raumbezüge der vormodernen Landeschronistik im heutigen Sachsen-Anhalt
15.30 Uhr Kaffeepause
Sektion 3: Sächsische Zentralorte
16.00 Uhr
Henning Steinführer (Braunschweig):
Braunschweig – Brunopolis civitas Saxonie. Von der Residenz der Sachsenherzöge zur sächsischen Stadtrepublik
16.45 Uhr
Christoph Volkmar (Magdeburg/Leipzig)
Magdeburg – Metropolica Saxoniae urbs
17.30 Uhr
Andreas Rutz (Dresden):
Leipzig, Dresden, Freiberg – Wo lag Sachsens Mitte in der Vormoderne?
19.00 Uhr, Öffentlicher Abendvortrag
Heiner Lück (Halle):
Wittenberg 1423 – Wandel und Wege des Namens Sachsen
Samstag, 1. Juli 2023, Kulturhistorisches Museum
Sektion 4: Historische Raumordnungen
9.00 Uhr
Peter Wiegand (Dresden):
Mental maps – Sachsen und Meißen im frühneuzeitlichen Kartenbild
9.45 Uhr
Brage Bei der Wieden (Wolfenbüttel):
Obersächsischer und Niedersächsischer Reichskreis als Rahmen für kulturelle Identifikationen
10.30 Uhr Kaffeepause
11.00 Uhr
Fanny Münnich (Markranstädt):
Ecce Roma de nacione Saxonum – Zur sächsischen Nation innerhalb der universitären Nationengliederung
11.45 Uhr
Julia Schmidt-Funke (Leipzig)
Natürlich sächsisch? Zur frühneuzeitlichen (Er-)Findung von Naturräumen zwischen Nieder- und Obersachsen
12.30 Uhr Mittagspause
13.30 Uhr
Doreen Brandt (Oldenburg):
Sachsen als Sprachlandschaft: Der Niederdeutsche Raum
14.15 Uhr
Hans Ulrich Schmid (Leipzig):
Sachsen als Sprachlandschaft: Der Obersächsische Raum
15.00 Uhr
Bernd Schneidmüller (Heidelberg):
Die lange Zeit der kurzen Messer. Eine Zusammenfassung